Welch ein musikalisches Spektrum!
Horst Koegler zieht Bilanz der zehnjährigen Tätigkeit Heinz Spoerlis am Zürcher Ballett
Die Sterne standen gut, als es dem Opernhaus Zürich 1996/97 gelang, Heinz Spoerli als Direktor unserer Ballettkompanie zu engagieren, und dieser Augenblick gehört ohne Zweifel zu den glücklichsten meiner ganzen Zürcher Intendanz.
Ich bin ein Tanzmacher. Auf meiner Visitenkarte steht etwas anderes. Dennoch und aller Karten zum Trotz: Darf ich wählen zwischen Choreograph, Direktor oder Tanzmacher, ich entscheide mich ohne Zögern für Tanzmacher. Weil diese Bezeichnung meine Leidenschaft, meine Motivation und mein Schaffen schnörkellos beschreibt. Ohne Ensemble geht das nicht. Deshalb schare ich Tänzerinnen und Tänzer um mich herum. Die Company, Musik und Bühne – eine Umgebung, die ich mag und die mir hilft, Tanz zum akustischen und zum visuellen Erlebnis zu machen.
Wer sich bewegt, drückt sich aus. Ohne Worte. Wer tanzt, erzählt eine Geschichte. Seine eigene. Verständlich für andere, über alle Sprachbarrieren hinweg. Tanz ist etwas Kosmopolitisches, etwas Multikulturelles. Es verbindet Völker und Menschen, schlägt Brücken zwischen Nationen und unterschiedlichen Mentalitäten. Überall auf der Welt wird getanzt. Aus Freude und Lebenslust. Manchmal auch, um Stress oder Trauer abzubauen. Tanzen bedeutet Loslassen und Einlassen gleichzeitig und lässt Menschen sich selbst anders erleben. Ästhetik, Kraft, Schönheit, Sinnlichkeit und Harmonie finden Ausdruck im Tanz. Aber auch Trauer, Melancholie, Verzweiflung oder Hoffnung. Tanz ist für die volle Bandbreite der Gefühle ein Verstärker. Bewegung im Fluss der Musik – über den eigenen Körper erzeugt. Tanz ist in Menschen drin und bewirkt enorm viel. Weil beim Tanzen Gefühle und Körper eine Symbiose bilden, die ohne Worte auskommt und dennoch ihre eigene Sprache findet. Eine starke Sprache, die Geschichten erzählt.
Tanz ist ein Instrument, um Musik zu visualisieren, um eine zusätzliche erlebbare Dimension zu schaffen. Eigentlich die Symbiose von Klang und Bewegung. Und deshalb eine Erweiterung der Gefühle, mit der Möglichkeit zur eigenen Interpretation. Musik wird zum Genuss, wenn man sich ihr ergibt, sich darauf einlässt, sich treiben lässt und das Auge mithören lässt – deshalb bin ich Tanzmacher mit einer Company, die sich dem Tanz auf höchstem Niveau verschrieben hat. Weil Musik zum vollendeten Erlebnis wird, wenn man sie auch sehen kann.