Choreografische Uraufführung | 25. April 2009 Opernhaus Zürich |
Choreographie | Heinz Spoerli |
Musik | J. S. Bach |
Ausstattung | Peter Schmidt |
Yen Han, Arman Grigoryan, Vahe Martirosyan
Wie es sich schon im Titel seines neuen Balletts andeutet, der die Zeiten einander gleichsam überlagern und aufheben lassen will, so nimmt Heinz Spoerli auch die wie in Bildern vorüberziehenden Stationen des „Magnificat“ zum Anlass, diese im ersten Teil aufzugreifen, auszuleuchten und in anderen Zusammenhängen darzustellen. Vom stillen Beginn der Allemande aus der a-moll-Flötenpartita über die Lebensfreude des Brandbenburgischen Konzertes Nr. 2, das für Heinz Spoerli von seiner formalen Anlage und der reinen Streicherbesetzung her am ehesten nach einer Fortsetzung verlangt, finden wir uns in der Welt der ersten von Bachs Solowerken für Violine, der g-moll-Sonate, wieder. Den Reichtum der hier aufgefächerten Affekte intensiviert Heinz Spoerli, indem er zwei Arien aus den Kantaten „Wo soll ich fliehen hin“ und „Ich habe genug“ einfügt.
Yen Han, Arman Grigoryan, Vahe Martirosyan
Originalbesetzung:
Yen Han, Galina Mihaylova, Ana Carolina Quaresma, Sarah-Jane Brodbeck, Juliette Brunner, Nora Dürig
Arman Grigoryan, Vahe Martirosyan, Filipe Portugal, Iker Murillo
Clémence Andréoni, Mélanie Borel, Daria Chudjakowa, Francesca Dugarte, María Pia Hernández, Pornpim Karchai
Colline Libon, Emilie Nguyen, Zehra Nurieva, Jade-Ashley Orr, Emi Uehara, Claire Voss, Brooke Widdison
Rémi Andréoni, Artur Babajanyan, Bryan Chan,
Alvaro Dule, Matthew Edwardson, Oliver Edwardson
Davit Gevorgyan, Dmitri Govoroukhine, Clément Haenen,
Oleksandr Kirichenko, Hongtao Lin*, Daniel Mulligan,
Christopher Parker, Jiayong Sun, Yuriy Volk, Valentino Zucchetti
Galina Mihaylova, Filipe Portugal
Musik:
Allemande aus der Partita für Flöte a-Moll BWV 1013 (1718)
Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur BWV 1048
1. Satz aus der Sonate für Violine solo g-Moll BWV 1001
Arie «Ergiesse dich reichlich, du göttliche Quelle»
aus der Kantate «Wo soll ich fliehen hin» BWV 5 (1725)
2. Satz aus der Sonate für Violine solo g-Moll BWV 1001
3. Satz aus der Sonate für Violine solo g-Moll BWV 1001
Arie «Ich habe genug» aus der Kantate «Ich habe genug» BWV 82
4. Satz aus der Sonate für Violine solo g-Moll BWV 1001
Magnificat D-Dur BWV 243
1. Magnificat
2. Et exsultavit spiritus meus
3. Quia respexit humilitatem
4. Omnes generationes
5. Quia fecit mihi magna
6. Et misericordia
7. Fecit potentiam
8. Deposuit potentes
9. Esurientes implevit bonis
10. Suscepit Israel
11. Sicut locutus est
12. Gloria Patri
Musikalische Leitung: Marc Minkowski, Ada Pesch
Orchestra «La Scintilla» der Oper Zürich
Gesangssolisten:
Sopran: Malin Hartelius, Rebeca Olvera, Hélène Couture, Anja Schlosser
Alt: Wiebke Lehmkuhl, Jan Thomer
Tenor: Javier Camarena, Andreas Winkler
Bass: Reinhard Mayr, Kresˇ imir Strazˇ anac
Damenensemble des Zürcher Balletts
Spoerli macht, was grosse Bach-Interpreten zu allen Zeiten gemacht haben: Er verkörpert den Geist der Musik, lässt nicht die Noten tanzen. Wechselnde Stimmenzahl, farbreiche Besetzung und Tonartenfolge dieser prägnanten musikalischen Textausdeutung korrespondieren mit ungemein präzisen Ensembles, Pas de deux und unterschiedlichsten Tänzerkonstellationen auf der von dem Hamburger Designer Peter Schmidt mit wenigen Requisiten ausgestatten Bühne.
Frankfurter Allgemeine
Ein Abend, bei dem, ohne dass es eine Erzählung braucht, Bilder, Ideen und Gedanken ineinanderfliessen, der keine Pause und keinen Zwischenapplaus zulässt – und nicht nur deshalb in einem grossen Bravo-Sturm endet. (...)
Grenzen will dieser Tanz aufheben, so wie im Titel von Heinz Spoerlis neuem Ballett die Zeiten verschwimmen, so wie in Bachs Musik der Mensch durch seine Stimme ins Göttliche vordringt. Bei allen andächtigen Momenten ist dem Schweizer Choreografen ein anregender, kurzweiliger Abend geglückt, der auch Zweifler in einem Glauben bestärkt: in dem an die Kraft der Kunst.
Stuttgarter Zeitung
Das Resultat ist die Gewinnung eines Bachschen Großwerkes, das eine Vielzahl tänzerischer Formen präsentiert, Pas de deux und de trois, kleinere Ensembles und große Corps-Formationen, choreografiert von Spoerli in seiner unverkennbar neoklassisch grundierten Handschrift, aufgeladen mit elektrisierender Hochspannung und wie aus der Spritzpistole in den von Peter Schmidt entworfenen Raum projiziert, von den Tänzerinnen und Tänzern des Zürcher Balletts in der XX-Qualität mit dem Markenzeichen Made in Zurich realisiert – ein vorweggenommenes Pfingstwunder der Ausgießung des Tänzergeistes.
koeglerjournal